Juchter-Jüchter: Geschichte des Namens (drei Deutungsversuche)
1) Namensdeutung nach Hinrich Tönjes Diedrich Jüchter

Juchter als Geschlechtername dürfte etwa 1000 Jahre in Gebrauch sein, die jüngere Schreibweise Jüchter gibt es nachweislich knapp 500 Jahre. Das Wort Juchter war aber schon sehr alt, als eine Familie es übernahm.

In dem Namen Juchter steckt die uralte Wortwurzel "juch". Im Althochdeutschen gibt es ein Wort "juhhazzen", zu sprechen: juchhatzen; Mittelhochdeutsch: juchezen, Neuhochdeutsch: jauchzen, Mittelniederdeutsch jucheden, Plattdeutsch: juchen. Das "u" ist immer lang zu sprechen.

Bei den altgermanischen Frühlingsfesten zogen die Siedlungs(dorf)-gemeinschaften auf nahe gelegene Hügel (Erhöhungen, Berge), um das Ende des Winters zu feiern. Dem Zuge voran schritt ein geachteter und besonders fröhlicher Mann, der mit Rufen, Singen und Jauchzen (juchhazzen) die Festesfreude anfachte. Wie selbstverständlich, dass man ihn Juchatzer nannte, im Niederdeutschen Jucheder. Von seinen Freudenausbrüchen ließ man sich gerne mitreißen. In unseren Tagen hat der Hochzeitsbitter, der mit bändergeschmücktem Stab zum Fest einladet, ähnliche Aufgaben im Hochzeitszelt, wenn anfangs im Teilnehmerkreis die Stimmung nicht recht in Gang kommen will. Dann jucht er, ruft und singt.

Das Wort "Juchatzer" verkürzte sich nach und nach zu "Juchtzer". Die Volkssprache hat zu allen Zeiten auch in der Gegenwart das Wortgut abgeschliffen. Die klingenden, vokalreichen germanischen Wörter verloren gleichsam ihre Musik. Beispiele: gilauba = Glaube, gihorta = hörte, ganada = Gnade, wolatat = Wohltat, ... Genau so entfiel das "a" aus Juchatzer zu Juchtzer. Die Form "Juchtzer" ist im alten Schrifttum vielfach belegt.

Auch das "z" aus "Juchtzer" wurde ausgestoßen, es war beim schnellen Sprechen hinderlich. Aus der Juchtzerhöh in Bayern wurde Juchterhöh (Hügel). Der Name Juchter war geboren, sein hochdeutscher Stammbaum wäre also: juchhazzen – Juchatzer - Juchtzer – Juchter. Nun können wir unseren Namen mühelos deuten: der fröhliche Rufer.

Man staune: den Familiennamen Jüchtzer gibt es noch.

1482 setzte Hinrich Juchter 2 Tüttelchen auf das "u" und brachte die sprachliche Entwicklung unseres Namens zum Abschluß. Seit 1610 rücken die Jüchter zahlenmäßig vor, heute haben sie ihre Bruderfamilie Juchter weit überrundete. Sie waren wohl Zeugungsfreudiger.

Noch etwas über die Namensform: Die Namensvettern in Bremerhaven haben alle ihrem Namen ein "n" angehängt. Leider ist der Anlass unbekannt. Vielleicht war den Küstenbewohnern das Namensschiff zu kurz, so dass sie es verlängerten. Auch ein Schluss "s" erscheint schon früh am Namen Jüchter/Juchter. So haben zum Beispiel alle in Flandern lebenden Namensvettern ein "s" als Namensschluss.

(aus: Juchter-Juechter : Die Geschichte eines alten Oldenburger Geschlechtes in 6 Abschnitten; Hinrich Tönjes Diedrich Jüchter, Hamburg 1959)

 


2) Namensdeutung nach Gunter Juechter, Hannover

Aus Angaben aus mehreren Quellen kam mir der Verdacht, dass der Name aus einer friesischen Wurzel stammt und die Bedeutung "Richter" hat. Das passt auch zu meinen bisherigen Kenntnissen, nach denen der erste Namensträger wohl das Richteramt in Niederstedingen innehatte. Johannis Juchthere ist wohl identisch mit Johann Kust, dessen Namen ebenfalls eine Berufsbezeichnung ist. Johannis Juchthere stammt wohl aus einer großen Familie, weshalb eine Linie den Beruf zum Nachnamen nahm, damit man die oft denselben Vornamen tragenden Familienmitglieder auseinander halten konnte. Eine andere, oft gewählte Möglichkeit war die Benennung nach dem Ort, in dem der jeweilige Familienzweig ansässig war. Ich versuche derzeit die einzelnen Oldenburgischen Adelsfamilien zu Stammbäumen zusammen zufassen um festzustellen, aus welcher Familie unser Vorfahr stammt.

Um meine Vermutung zur Bedeutung des Namens abzusichern, habe ich nachgefragt bei der Gesellschaft für Namenkunde e.V. an der Universität Leipzig, die dem Lehrstuhl für Onomastik (Namenkunde) zugeordnet ist. Ich habe bei meinem Schreiben alle uns bisher bekannten Deutungen und auch meine o.g. Ansicht mitgeteilt. Die Antwort bestätigt meine Ansicht. Der zentrale Absatz des Briefes lautet wie folgt:

Auf Grund der Beleglage Ihres Familiennamens und seiner Herkunft aus dem niederdeutschen Raum (Oldenburg), wo das Friesische und auch das Niederländische Eingang in die Mundart gefunden haben, vgl. Sie die Belege und ferner das heutige Vorkommen des Familiennamens Juchter(s), Jug(h)ters im niederländischen und belgischen Raum, handelt sich somit beim Namen Jüchter um die Bezeichnung des ersten Namensträgers, der ein "Richter", dann auch ein "Henker, Rohling, Leuteschinder" gewesen war.

Die weiteren Namenbedeutungen dürften meines Erachtens auf Grund der Tatsache, dass die Richter von der Zentralverwaltung eingesetzt wurden und deshalb der örtlichen Bevölkerung als Vertreter eines fremden Einflusses, mit der Bezeichnung des Richters zusammen gefallen sein. Die negativen Bezeichnungen werden aber wohl nicht unbedingt auf einen Vertreter unserer Familie zu beziehen sein, wenn man davon ausgeht, dass Johannis Juchthere als Stammvater unserer Familie das Richteramt ausübte und deshalb den Namen annahm und alle anderen Namensträger mit ihm stammverwandt sind. Die negativen Beiworte können ihre Ursache auch in jedem anderen Richter haben, der auch aus einer anderen Familie kommen kann. Wie dem auch sein mag, wir können jedenfalls davon ausgehen, dass Jüchter "Richter" bedeutet.

(Gunter Juechter, Hannover; Februar 2004)

 


3) Namensdeutung nach Edgar Much, Bremen

Trotz geringer Urkundenlage kann davon ausgegangen werden, dass alle Juchter aus dem Geschlecht der 'von Lienenbrok' stammen (urkl. 1253 und später im Ksp Bardenfleth genannt). Offenbar hat einer der abstammenden Söhne für sein Erbgut den Namen Juchter (Juchthere) angenommen. - Die Juchter sind danach nach Edewecht gegangen und um 1560 hat sich ein Abkömmling wieder dort hingezogen gefühlt.

Der Familienname Lienebrok setzt sich aus zwei "Wasserwörtern" zusammen. Liene (Lin/Lim = Schmiere) -brok (brok = sumpfig/moorig).

In der gleichen Gegend hat nun der erste Juchter gesiedelt und Übernahm für sich und seinen Stammsitz die sicherlich schon damals geläufigen Begriffsbestimmungen aus den "Wasserwörtern":

Juch-ter (juch = Wasser) tat/töt/teut = Moder/Moor)

Frei übersetzt dürfte der Name (de) Juchter danach lauten: "Der am Moorwasser wohnende". Vielleicht war der Begriff damals viel schöner und bedeutete "Moorsee" oder ähnlich.

Einfacher wäre die Auslegung: Juch = Wasser + ter = als Nachsilbe. Gerlich de Juchter (1443) hieße demnach "der am Wasser" oder "der vom See".

In Bremen gab es urkl. von 1274-1304 die Ratsmannfamilie Juchals. Johann Juchals war 1189 Kreuzzugteilnehmer nach Palästina. Auch hier wieder ein Familienname aus zwei "Wasserwörtern" Juch-als (Juch = Wasser + als = Sumpfwasser)

Das Wort "Juch" erscheint auch in dem Familienname "Juchhoff".

In Süddeutschland nennt sich die Nachkommen solcher Siedler "Juch-ler. Auch hier die "Wasserwörter": Juch = Wasser + ler = Sumpf. Oder ist ler als Nachsilbe, wie dies dort üblich ist?

Die "de Juchter" sind ein einheimisches Geschlecht und es kann davon ausgegangen werden, dass sie ihren Namen nach hiesige (geographische) Begriffswelten führen.

(Edgar Much, Bremen; Mai 2001)